3. Runder Tisch zur aktuellen Pflege
Erfahrungen zu dem neuen Pflegestärkungsgesetz wurden kürzlich beim Dritten Runden Tisch im AWO-Seniorenheim Frontenhausen ausgetauscht. Eingeladen hatten dazu Hartmut Manske für die SPD Frontenhausen und Dr. Bernd Vilsmeier für den SPD Kreisverband.
Kreisvorsitzender Dr. Bernd Vilsmeier begrüßte dazu unter anderen auch MdL Johanna Werner-Muggendorfer, die Landesvorsitzende der SPD AG 60plus Jella Teuchner, die Einrichtungsleiterin des Seniorenheimes Vanessa Aulbach, den AWO-Bezirksvorsitzenden, Siegfried Depold sowie VdK-Vorsitzender Adi Irweg, die Senioren beauftragte des Marktes, Helga Mayer und ihre Stellvertreterin Anna Unterholzer und Verantwortliche und Politiker aus verschiedenen Gremien der SPD.
Zur Verabschiedung des ersten Pflegestärkungsgesetzes durch den Deutschen Bundestag gab Hartmut Manske einleitend zu verstehen, dass die Pflege in Deutschland endlich den Stellenwert bekommt, den sie verdient. Mit dem ersten Schritt der Pflegereform soll die Grundlage für eine passgenauere Versorgung geschaffen werden, die sich an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen richtet. Das Ziel sei, dass die Menschen auch in einem schwierigen Lebensabschnitt ihre Würde behalten und die Pflegenden entlastet werden.
„Die Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffes läuft auf Hochtouren", erklärte Landtagsabgeordnete Johanna Werner Muggendorfer. Auf diese Weise werde die Pflegeversicherung eine vollkommen neue Systematik erhalten. Die Leistungen werden fachlich neu ausgerichtet und gerechter zugeordnet. Dadurch wird sich insbesondere die Situation der Demenz erkrankten nochmals spürbar verbessern. Einrichtungsleiterin Vanessa Aulbach erklärte, nötig sei für die Pflege das neue Gesetz geworden, weil die steigende Lebenserwartung und die sinkende Geburtenrate zu einer alternden Gesellschaft und damit zu einem Anstieg der Pflegbedürftigen führen. Aufgrund nicht ausreichender Pflegestufen sei bislang die Aufnahme im Pflegeheim nicht immer möglich gewesen, obwohl besonders die Zahl dementiell Erkrankter steigt. „In Zukunft werden körperliche, geistige und psychische Einschränkungen gleichermaßen erfasst und in die Einstufung einbezogen.
Mit der Begutachtung wird der Grad der Selbstständigkeit in sechs verschiedenen Bereichen gemessen und - mit unterschiedlicher Gewichtung - zu einer Gesamt Bewertung zusammengeführt! ", erklärte Einrichtungsleiterin Vanessa Aulbach. Sozialpädagogin Corinna Hartmann berichtete von Erfahrungen aus der Praxis. Die Bedürftigkeit der Bewohner eines Heimes ändere sich oft, sei es, weil sich die Senioren nach einer Krankheit erholen, sei es, weil sich ihr Zustand verschlechtert. Die Personalstärke daran anzupassen, sei schwierig.
Die Betreuung sei ein neuer Fachbereich, der noch in den Kinderschuhen stecke. Das Gesetz sei noch nicht eindeutig formuliert, außerdem gäbe es keine Voraussetzungen um Betreuungskraft zu werden, bemerkte Pflegedienstleiterin Berta König. Es gibt keinen Schulabschluss, der für den Pflegeberuf gefordert wird.
Geeignetes Pflegepersonal zu finden, sei äußerst schwierig. Eine Reform des Personalschlüssels sei nicht vorgesehen. Im Maximum kommen 14,1 Personen auf eine Pflegekraft pro Dienst. Andere europäische Länder seien in diesem Bezug weit voraus und hätten den Pflegeschlüssel bereits angepasst. Für die vorgesehene generalisierte Pflegeausbildung werden die drei Pflegefachberufe: Altenpflege, Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege zusammengeführt. VdK-Vorstand Adi Irlweg sieht den die Ursachen der fehlenden Fachkräfte in den Pflegeberufen bei den Betreibern, die nur ihre Gewinne im Blick haben. Der Staat müsse im Hinblick auf die richtige Verteilung von Geldern mehr darauf achten. Auf die zu erwartenden hohe Zahl von Demenzerkrankungen seien die Heime nicht vorbereitet.
Die Pflegeversicherung sei als dritte Säule des Sozialversicherungswesens eingeführt worden, gab Jella Teuchner zu bedenken.
Wer eine Versicherung abschließe, wisse, dass hier keine vollumfänglichen Leistungen für alle Eventualitäten des Lebens erbracht werden könnten. „Dafür ist der Staat nicht da!", betonte sie und der kommunale Haushalt gebe es nicht her, Pflegeheime zu unterstützen. 2017 werde nachdem neuen Pflegestärkungsgesetz jährlich fünf Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt.
„Die Bürger wissen selbst am besten, wie sie vor Ort eine optimale Versorgung und Betreuung sicherstellen können, äußerte 60plus Landesvorsitzende Jella Teuchner. Der Staat muss ihnen nicht jedes Detail vorschreiben. Ob es etwa im Fall einer Urlaubsreise von Angehörigen besser ist, einen Pflegebedürftigen kurzzeitig die Versorgung in einem Heim zu ermöglichen, oder die Betreuung durch einen Dritten zu Hause sicherzustellen, ist jeweils verschieden. Aus Sicht der Angehörigen ist wichtig, dass wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, um Pflege, Familie und Beruf optimal in Einklang bringen zu können."
Die Arbeiterwohlfahrt sehe das Pflegestärkungsgesetz I und II mit positiven Erwartungen, aber auch massiv die Schattenseiten, merkte AWO-Bezirksvorsitzender Siegfried Depold an. Es sei ganz eindeutig, dass besonders die stationären Einrichtungen Einschränkungen durch das Pflegestärkungsgesetz haben. Vor allem die Absenkung des Leistungssatzes für niedrigere Pflegestufen sei inakzeptabel und werde schwerwiegende negative Folgen haben. Deshalb müsse die Einflussnahme von der Basis in höhere Ebenen weitergeführt werden.